Rezension: ‚Rheingold‘ nach Richard Wagner, performed von Kaminski ON AIR

RheingoldTitel: ‚Rheingold‘ aus ‚Der Ring des Nibelungen‘

Autor: frei nach Richard Wagner, inszeniert von Kaminski ON AIR

Sprecher: Stefan Kaminski

Sprache: Deutsch

Format: Hörspiel-Download von audible.de für € 9,95 im Flexi-Abo (ohne Abo € 12,99)

Anbieter: Jumbo Neue Medien & Verlag GmbH

Länge: 1 Std 17 min

Eine kostenlose Hörprobe findet ihr HIER, auf der Produktseite von audible.

Inhaltsangabe (audible):

Alles ist schön, die Natur ruht im Gleichgewicht: Weia! Waga Wagalaweia! Die Rheintöchter planschen im Rhein, immer ein schönes Auge auf das Gold, das sie behüten. Doch als der Nibelungenfürst Alberich herankriecht, nimmt das Übel seinen Lauf: Von den verführerischen Schwestern zum Narren gehalten, raubt der Zwerg das Rheingold. Wird dieser Schatz zum Ring geschmiedet, verleiht er maßlose Macht über Welt und Natur.

Frei nach Richard Wagner inszeniert Stefan Kaminski das monumentale Meisterwerk um Macht, Liebe, Gier, Rache und die Abgründe der menschlichen Gesellschaft modern und klassisch zugleich. Von Musikern begleitet schlüpft der Ausnahmesprecher selbst in alle Rollen, spricht Riesen und Zwerge, Frauen und Männer, Götter und Herrscher, Geliebte und außergewöhnliche Helden.

Zum Hörspiel:

Von den Rheintöchtern komm‘ ich,

walle du Woge!

Ich weiß, im Reich der Götter ist Loge ’ne Droge.

Ich bin Loge, ich komm‘ aus dem Feuer.

Meine Glut und mein Sprachwitz – yo! – die sind ungeheuer.

–Kaminski ON AIR, Rheingold

Ein seltsamer, statischer Ton. Geblubber. Erhitztes Atmen. Lachen. Und…Walgesang?? Dann setzt das bezirzende Gesäusel der Rheintöchter ein. Bedrohlich kündigt ein Streicherthema den Auftritt des düsteren Zwergs Alberich an. Dass auch dessen knorrige Stimme die von Stefan Kaminski sein soll, kann man kaum fassen. Gleich zu Anfang wird klar: Das hier ist umwerfend.

Überhaupt: ‚Hörspiel‘?! Das ist wirklich eine unzureichende Bezeichnung für das, was Kaminski als offensichtliche Herzensangelegenheit da veranstaltet. Er selbst bezeichnet seine Version des ‚Ring des Nibelungen‘ als ein ‚3D-Hörspiel‘. Das kommt der Sache schon näher. In einer Live-Aufnahme bekommt der Hörer von Kaminski und jeweils zwei Musikern mithilfe einiger Audiotechnik, erstaunlicher Instrumente und einer Reihe Geräuschrequisiten (teils vom Schrottplatz rekrutiert) eine Interpretation von Wagner’s Opern-Tetralogie um die Ohren geblasen, wie man sie noch nicht erlebt hat.

Es röhrt, scheppert, sirrt, ächzt, singt und rasselt. Man fragt sich, was um Himmels Willen wohl all diese Töne verursacht. Mittendrin: Kaminski, der Meister der tausend Stimmen. Mühelos wechselt er zwischen den säuselnden Rheintöchtern und dem bösartigen Zwerg Alberich hin und her. Er lässt Fricka keifen, Wotan dröhnen und die Riesen herrlich berlinern. Einer der Höhepunkte ist der Rap des Halbgottes Loge. Ganz bewusst – so Kaminski – hat er den an solche Größen wie den ‚Fantastischen Vier‘ angelehnt, und dementsprechend setzt sich der Beat auch im Hirn fest.

Das Skript der Oper hat Kaminski auf das Wichtigste runtergekürzt. Wer der Geschichte folgen will, muss den ‚Ring des Nibelungen‘ nicht kennen, sollte vorher aber eine kurze Inhaltsangabe lesen. Da es beim Hörspiel keinen ‚Erzähler‘ gibt und sich die Handlung nur aus den Dialogen der Figuren, den Geräuschen und der Musik erschließt, kann es sonst etwas schwierig werden. Und Grübeln lenkt zu sehr vom Hörgenuss ab. Wenn man die CDs als Box hat (oder gar die DVDs), reicht auch schon die Zusammenfassung im Booklet.

Ich habe keine Ahnung, was eingefleischte Opernfans zu diesem Spektakel sagen. Als jemand, der zwar schon mal in der Oper war, aber bei weitem kein Fachmann ist, kann ich diesen Punkt nur rein subjektiv beurteilen. Jedermanns Sache ist diese ‚Rheingold‘-Version bestimmt nicht. So viel Tamtam mag manch einen in die Flucht schlagen. Puristen regen sich vermutlich auf. Ungeübte in Sachen Hörspiel könnten überfordert sein.

So viel aber ist sicher: Stefan Kaminski begeistert mich für etwas, an das ich mich bisher nicht rangewagt habe. Sein ‚Rheingold‘ erzählt mir nicht nur eine absoluten Klassiker, sondern führt auch dazu, dass ich recherchiere und viel Neues lerne. Über das Nibelungenlied. Über Richard Wagner. Über die Glasharfe und das Nagelklavier. Über die Produktion eines Hörspiels.

Stefan Kaminski sehe ich jetzt sowieso in einem neuen Licht. Solche Virtuosität und hörbare, leidenschaftliche Verausgabung erlebt man nicht alle Tage. Was der Mann drauf hat, kommt in Hörbüchern nur ansatzweise zum Tragen. Hier kann er aus dem Vollen schöpfen – und tut das auch. Chapeau.

Und als ich ‚Rheingold‘ durchgehört habe, kann ich es natürlich nicht lassen, mir erst den Rest des ‚Ring der Nibelungen‘ zm Hören sowie auch die DVD’s zum gesamten ‚Ring der Nibelungen‘ von Kaminski ON AIR zu bestellen. Was ich da auf den Ohren habe, möchte ich auch unbedingt sehen.

Fazit:

Wagners ‚Rheingold‘ in einer spektakulären Interpretation des One-Man-Ensembles Stefan Kaminski. Im Zusammenspiel mit zwei Musikern und allerlei Geräuschrequisiten inszeniert Kaminski ein Feuerwerk für die Ohren. Sein Wagner ist modern, ohne dem Original dabei untreu zu werden. Genauso dramatisch, bombastisch und die Sinne überwältigend wie eine Oper ist diese Performance. Durch die Reduzierung des Skripts auf das Wesentliche und die moderne Interpretation und Darstellung ist es auch ein Wagner für das 21. Jahrhundert.

Man muss kein Wagner-Kenner sein, um sich das zuzutrauen. Im Gegenteil: Kaminski öffnet eine Tür für Neulinge in Sachen ‚Ring der Nibelungen‘. Es hilft, die Handlung mal kurz grob nachzuschlagen, bevor man das ‚Rheingold‘ hört. Es hilft auch, wenn man etwas übrig hat für virtuose Hörspielartisten wie Stefan Kaminski und für eigenwillige Projekte.

Genau das richtige für alle, die mal etwas ‚ganz anderes‘ hören wollen!

Ambitioniert. Leidenschaftlich. Sensationell!

Bewertung: 11/10 (und somit ein Fall für meine ‚Lieblinsliste‘)

Alles, was ihr zu Kaminski ON AIR noch wissen müsst, findet ihr auf der zugehörigen Webseite: http://www.kaminski-on-air.de/

Die DVD-Box mit allen 4 DVDs gibt’s bei amazon für € 49,95 zu kaufen. Das ist zwar ein stolzer Preis, aber jeden Cent wert!

4 Gedanken zu “Rezension: ‚Rheingold‘ nach Richard Wagner, performed von Kaminski ON AIR

  1. Frau Hauptsachebunt 24. April 2013 / 15:22

    Also erstmal muss ich gestehen, dass ich vermutlich nie auf die Idee gekommen wäre, mir das Hörspiel zu kaufen. Deine Rezi hingegen macht ja doch sehr neugierig. Ausserdem habe ich gerade der Hörprobe gelauscht und ich muss sagen, dass sich das schon vielversprechend anhört. Es scheint genauso intensiv zu sein, wie Loreley, dass ich mir im März angehört habe. Ich liebe laute und eindringliche Hörspiele und denke, ich gebe dem Ring der Nibelungen eine Chance! :-)
    Liebe Grüße, Nina

  2. papercuts1 24. April 2013 / 16:46

    Ich kann das Hörspiel sehr empfehlen. Ich war auch skeptisch, das hat aber schnell in Begeisterung umgeschlagen. Ich muss allerdings sagen, dass die DVD’s das Ganze noch besser ergänzen. Man versteht die Handlung besser, und es ist ein absolutes, kleines Bühnenspektakel! Das lenkt dann allerdings vom reinen Zuhören etwas ab. Am besten beides besorgen!

    Und am liebsten würde ich das natürlich mal live sehen. Ich kann nur hoffen, dass eine der Touren von Kaminski ON AIR auch mal irgendwann in meiner Nähe vorbeischaut!

  3. Sunsy (@sunsy37w) 24. April 2013 / 17:58

    Hab vielen Dank für deine Rezi, Liebelein! Das interessiert mich ja nun auch, da hast du mich jetzt angefixt ;) – klingt sehr vielversprechend!

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