Rezension: ‚Stolz und Vorurteil und Zombies‘ von Jane Austen und Seth Grahame-Smith

Titel: ‚Stolz und Vorurteil und Zombies‘
(Originaltitel: ‚Pride and prejudice and zombies‘)

Autoren: Jane Austen, Seth Grahame-Smith

Sprache: Deutsch
(Originalsprache: Englisch)

Sprecher: Stefan Kaminski

Format: Hörbuch-Download von audible.de für € 9,95 im Flexi-Abo (ohne Abo € 24,95)

Länge: 11 Std 02 Minuten (ungekürzt)

Hörprobe

Inhaltsangabe (audible.de):

Das Ehepaar Bennet versucht seine fünf Töchter standesgemäß zu verheiraten und widmet dabei ihre Aufmerksamkeit vor allem auf Elisabeth. Sie ist nicht nur die intelligenteste, sondern auch die in allen wichtigsten Kampftechniken bewandertste Bennet-Tochter. Für sie sind der gut aussehende Mr. Darcy und ihre eigenen widersprüchlichen Gefühle für ihn, diesmal nur die geringsten Probleme, mit denen sie sich herumschlagen muss. Denn aus London ergießt sich eine Horde von Untoten über das Land und da ist eine Nahkampfausbildung existentiell. Elisabeth muss sich etlicher Heiratsanträge und perfiden Attacken von garstigen Untoten erwehren und sieht sich plötzlich vor eine Entscheidung gestellt: entweder ein Leben zusammen mit Mr. Darcy oder Tod den Zombies. Oder doch beides?

Zum Hörbuch:

Abraham Lincoln jagt Vampire, Elisabeth Bennet köpft Untote – die Vermischung von Klassikern mit Horrorelementen ist der letzte Schrei. Und das mit Erfolg! Für eine alte Anglistin wie mich ein Anreiz, mich mit dieser Modeerscheinung auch mal zu befassen. Und da ‚Stolz und Vorurteil‘ eine meiner liebsten englischen Liebeserzählungen ist, fiel die Wahl auf eben diesen Klassiker von Jane Austen. Eigentlich hätte ich es gleich auf Englisch hören sollen. Aber Stefan Kaminski ist nun mal einer meiner Lieblingssprecher, und so gab ich der deutschen Version den Vorzug.

Mag das Hörbuch auch zunächst plakativ darüber aufklären, dass Zombies vor allem eines begehren: frisches Hirn, so ist diese Eröffnung jedoch nicht beispielhaft für den Rest der Geschichte. Wer glaubt, von links und rechts torkelten nun die Untoten durch Longbourn und Netherfield Park, der irrt. Die von der ‚unsäglichen Plage‘ Befallenen sind über weite Strecken nur eine bizarre Randerscheinung und überlassen dem Original die Bühne. Auch ich hatte erwartet, dass der Klassiker nur noch als Grundgerüst durch eine neu formulierte Geschichte schimmert, mit den vertrauten Charakteren, aber ansonsten fast unkenntlich.Weit gefehlt.

Vor allem die Dialoge sind – bis auf skurrile Einschübe – beinahe unberührt geblieben und nehmen auch in dieser Neuauflage den größten Raum ein. Die Eigenarten der Figuren sind nicht nur geblieben, sondern werden sogar noch deutlicher heraus gestellt: Da ist z.B. Mr. Collins, der neben seinem plumpen, selbstverliebten Geschwafel noch nichtsnutziger wird aufgrund der Tatsache, dass er völlig untauglich im Kampf gegen die Armeen der Finsternis ist. Im Gegensatz zu solch starken Persönlichkeiten wie Darcy und vor allem Elizabeth: Sie ist eine von den Shaolin ausgebildete Kriegerin, die jetzt nicht mehr nur eine selbstbewusste junge Dame, sondern auch eine Katana-schwingende Kämpferin ist, der nicht mal eine Horde Ninjas das Wasser reichen können.

Vor allem die Damen kommen durch ihre Beförderung zu toughen Amazonen emanzipierter weg als im Original. Trotzdem müssen sie sich genau wie ihre Originale durch das gesellschaftliche Minenfeld ihrer Zeit manövrieren, wo Ruf, Etikette und eine gute Partie noch mehr zählten als Kampfkünste. Recht geschickt nimmt Grahame-Smith Jane Austen’s Frauenfiguren an die Hand und gibt ihnen so Würze, ohne ihren Grundcharakter wesentlich zu verändern.

Ein paar Abweichungen vom Original gibt es natürlich. Geht ja gar nicht anders. Die größte ist vielleicht, dass sich eine der Nebenfiguren mit der ‚unsäglichen Plage‘ infiziert und im Laufe der Geschichte zur Untoten mutiert. Stefan Kaminski hat dabei seine Sternstunde, wenn er sabbernd und lallend die arme Befallene vertont. Des weiteren gibt es noch ein eindrucksvolles Kräftemessen zwischen zwei Hauptfiguren bis aufs Blut, sowie etliche Zusammenstöße mit umher ziehenden Zombies während diverser Kutschfahrten und Spaziergänge.

Den natürlichen Fortgang der Bennet’schen Bemühungen, zumindest drei ihrer Töchter unter die Haube zu bringen, stört das allerdings nicht. Das läuft alles so, wie wir es schon kennen. Womit sich natürlich die Frage stellt, was das mit den Zombies überhaupt soll?

Eine Antwort wäre, den Klassiker mit diesem Kunstgriff auch für die heutige, jüngere Generation interessant zu machen. Dem Erfolg des Buches nach zu urteilen, mag das gelungen sein.

Die andere Zielgruppe wären die langjährigen Fans des Romans, die ihn mal in einem anderen Licht zu sehen bekommen und vergleichen können. Hier scheint das Buch dann zu polarisieren – man findet es wirklich gut oder mag es nicht.

Letztendlich befinde ich mich in dieser zweiten Gruppe. Von STOLZ UND VORURTEIL UND ZOMBIES hatte ich erwartet, dass ich es vor allem witzig finden würde. Und das war selten der Fall. Die Zombies kommen eher düster daher, die Mutation ist schaurig zu beobachten, und die witzigen Momente sind eher überhöhter Sarkasmus als Komik. Tatsächlich gelacht habe ich gar nicht. Oft haben die ‚Befallenen‘ (und noch mehr die Dojos und Ninjas) ganz einfach nur gestört, nicht gepasst und waren schlichtweg bizarr, fehl am Platz. Und das änderte sich auch nicht nach ein paar Stunden Eingewöhnung. Sicherlich kehren die Untoten und sonstigen Veränderungen der Geschichte den gesellschaftskritischen Unterton ins unverhohlen Satirische. Das hätte ich allerdings nicht gebraucht. Da hätte mir auch das unberührte Original gereicht.

Somit bleibt in meinen Augen STOLZ UND VORURTEIL UND ZOMBIES ein Experiment, das vielleicht nicht gescheitert ist und anderen gefallen mag, mich selbst aber enttäuscht hat.

Zum Sprecher:

Von Stefan Kaminski hatte ich mir facettenreiche Charaktere und viel Humor erwartet. Beides traf aber nur teilweise zu. Humor kann man nur aus einem Text herauslesen, der auch humoristisch angelegt ist. Das war hier eher weniger der Fall. Charaktere gibt es in STOLZ UND VORURTEIL UND ZOMBIES viele. Vor allem die Frauenrollen sind zahlreich, und hier gelingt es Kaminski einfach nicht, eindeutig zu differenzieren. Andererseits spricht er einige der prägnanteren Frauentypen derart hingebungsvoll, dass es schon eine große Vorstellung ist. Möglicherweise ist ihm mit einem ereignisreicheren Stoff (wie er ihn z.B. oft in Kinderbüchern spricht) besser gedient als mit dieser doch recht steifen, ereignisarmen Geschichte?

So wirklich überzeugend war die Kombination Kaminski/Jane Austen/Zombies jedenfalls nicht.

Fazit:

Eine Neuinterpretation des Klassikers, die das Original weitestgehend intakt lässt, erweitert um die Zutat ‚Zombies‘. Das bringt die Charaktertypen stärker zur Geltung, sorgt für ein paar Action-Momente, die es vorher nicht gab und überhöht den Sarkasmus, den Jane Austen bereits mit sanfter Spitzfindigkeit eingebaut hatte.

Ansonsten sind die Zombies allerdings eine bizarre, oft störende Beigabe, die sich an diesem geliebten Klassiker doch eher reiben als ihm gut tun. Natürlich, sie machen den Roman interessanter und erwecken Neugierde. Aber unterm Strich ist das Original einfach besser und stimmiger.

Wer’s mag, wird seine Freude haben. Für mich eher ein misslungener Versuch.

Bewertung: 5/10

Hörbuch-Trailer:

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