‚Geisterfjord‘ von Yrsa Sigurdardóttir (dt. Taschenbuch)

Titel: ‚Geisterfjord‘
(Originaltitel: Ég man ðig)

Autorin: Yrsa Sigurðardóttir

Sprache: deutsch

Medium: Taschenbuch

Länge: 356 Seiten

Preis: € 8,99

Inhaltsangabe (von amazon.de):

Drei junge Leute aus Reykjavík planen, ein heruntergekommenes Haus in einem verlassenen Dorf in den kargen Westfjorden Islands wieder aufzubauen; sie ahnen nicht, welch gewaltige Ereignisse sie damit in Gang setzen.
In einer Kleinstadt am anderen Ende des Fjords ermittelt zur selben Zeit Polizistin Dagný gemeinsam mit Freyr, einem Psychologen, in einer Reihe von unnatürlichen Todesfällen. Welche Geheimnisse bergen die staubigen Polizeiakten aus dem vorigen Jahrhundert? Und warum hat Freyr auf einmal das Gefühl, dass sein verschollener Sohn noch am Leben sein könnte? Erst als die Verbindung zwischen diesen rätselhaften Geschehnissen sichtbar wird, enthüllt sich die grausige Wahrheit.
Dieser unheimliche und furchteinflößende Roman der internationalen Bestseller-Autorin Yrsa Sigurðardóttir ist, neben diversen Kinderbüchern, ihr sechstes Buch für Erwachsene und beruht zum Teil auf Tatsachen.

Zum Buch:

Um es vorweg zu nehmen: Selten habe ich mich beim Lesen eines Buches so gegruselt wie bei diesem und war dennoch begeistert! Subtiler, intelligenter Horror ohne großes Blutvergießen, und dazu auch noch feinsinnige Charakterstudien – das muss man erstmal schaffen!

Von Anfang an beschleicht den Leser ein undefiniertes Gefühl der Furcht, und dafür sorgt zunächst einmal die konsequent düstere und unheimliche Atmosphäre, die Sigurðardóttir aufbaut. Düstere, einsame Landschaften, winterliche Kälte, pfeifender Wind, fremde Geräusche und Gerüche – mehr braucht es zunächst nicht, um Gänsehaut zu verursachen. Das ist gekonnt gemacht und kurbelt sowohl bei den Figuren des Romans als auch beim Leser die Phantasie an, die ihre ganz eigenen, grausigen Schreckensbilder heraufbeschwört. Und das gilt für beide Handlungsstränge.

Da haben wir zunächst unsere drei Stadtmenschen Garðar, Lif und Katrín, die in einem gottverlassenen Zipfel Islands ein verlassenes altes Haus in ein Ferienhäuschen umbauen wollen. Von der ersten Szene an, als die drei aus dem Boot auf den Strand klettern, beschleicht den Leser das mulmige Gefühl, dass sie völlig Fehl am Platz sind und – mehr noch – gerade den fatalsten Fehler ihres Lebens begangen haben.

Und richtig: Bald kommt es zu mysteriösen Ereignissen, das Unheil kriecht immer näher heran, und schließlich stellen sich nicht nur den drei Verzweifelten minütlich die Nackenhaare auf, als klar wird, dass es hier um einen Kampf ums Überleben geht – aber gegen wen? Oder was?

Auf der anderen Seite ist da Freyr, der Psychiater, fernab in der Stadt, dessen Ehe zerbrochen ist, nachdem der gemeinsame Sohn vor ein paar Jahren spurlos verschwunden ist. Freyr wird hinzugezogen, als der Selbstmord einer Frau Fragen offen lässt. Außerdem gerät eine Patientin von ihm in eine schwere Krise, und Freyr stößt auf eine Serie von Todesfällen, die in Zusammenhang mit all dem zu stehen scheinen. Im Verlaufe seiner Recherchen wird auch Freyr mit mysteriösen Ereignissen konfrontiert, deren logische Erklärung ihm zunehmen schwer fällt.

Am Schluss des Buches fallen dann sämtliche Puzzleteile an ihren Platz – mit erschreckenden Erkenntnissen, die auf den letzten Seiten eine Wendung nehmen, dass einem der Atem stockt.

Fazit:

Neben dem feinsinnigen Horror, der gut ohne blutige Effekte und Monster auskommt, bezieht ‚Geisterfjord‘ seinen Reiz aus der Erzählstruktur: Die beiden Handlungsstränge sind in sich jeweils abwechselnden, kurzen Kapiteln erzählt, die größtenteils mit einem Cliffhanger enden. Das macht es geradezu unmöglich, das Buch aus der Hand zu legen. Hinzu kommen Charakterzeichnungen sämtlicher Hauptfiguren, die gründlich und entlarvend sind, ohne auch nur einen Moment langatmig zu werden. Insbesondere die sich unter dem Druck der Angst immer mehr zuspitzenden Konflikte zwischen Garðar, Lif und Katrín geben dem Roman Würze und zusätzliche Spannung.

Die Identifikationsfigur, an die der Leser sich emotional hängt, ist mit Sicherheit der besonnene, tapfer voranschreitende Freyr. Vor allem seinem wissenschaftlich geprägten Denken ist es zu verdanken, dass ‚Geisterfjord‘ nicht verfrüht in übernatürliche Gefilde abdriftet.

Trotzdem ist die Geschichte nur Lesern zu empfehlen, die paranormalem Geschehen gegenüber nicht abgeneigt sind – das sagt eigentlich auch schon der Titel. Wir haben hier (trotz der offiziellen Bezeichnung ‚Thriller‘) vor allem eins: eine Geistergeschichte, und zwar eine, die hervorragend und intelligent geschrieben ist. Was auch bedeutet, dass man sie besser nicht abends allein im Bett lesen sollte. Es könnte sein, dass man dann (so wie ich) nachts wachliegt und Dinge im Haus hört, die einem das Herz in die Hose rutschen lassen…

Bewertung: 10/10

2 Gedanken zu “‚Geisterfjord‘ von Yrsa Sigurdardóttir (dt. Taschenbuch)

  1. Liedie40 16. Januar 2012 / 10:54

    Hallo,
    zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zu deiner Seite! Ich werde natürlich öfter mal bei dir vorbeischauen. :-)
    Geisterfjord war mein zweiter isländischer Thriller und ich war absolut begeistert von dieser – ja, doch eher Geistergeschichte – und nun ist meine Wunschliste noch länger geworden. Es gibt ja so viele gute isländische Autoren, da werden wir wohl nicht drum herum kommen!
    Liebe Grüße
    Ute

    • papercuts1 16. Januar 2012 / 11:58

      Das ist beinahe albern, wie sehr ich mich über den ersten Kommentar auf meinem Blog freue. *hüpf* :))
      Vielen, vielen Dank für’s Reinschauen und Gruß hinterlassen!
      Auch ich werde bestimmt noch mehr von Sigurdardottir lesen. Und auch für andere isländische Autoren hat ihr Buch meine Tür geöffnet. Da gibt es noch sooo viel zu entdecken!
      Bis die Tage,
      papercuts1

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