„The Fiery Cross”: Wie ich mich mit den Frasers durch das schlechteste #Outlander Buch kämpfe

Titel: The Fiery Cross (Outlander #3)
deutscher Titel: Das flammende Kreuz
Autorin: Diana Gabaldon
Sprecherin: Davina Porter
Verlag: Recorded Books
erschienen: 03.11.2001
Länge: 55:34 Stunden, ungekürzt

Das Hörbuch ist als Download bei audible.de erhältlich, und zwar HIER. Es kostet im Flexi-Abo € 9,95 (regulärer Preis € 63,95). Eine Hörprobe findet ihr ebenfalls auf der Produktseite von Audible.

Inhalt:

The year is 1771. Claire Randall is still an outlander, out of place and out of time. But now she is linked by love to her only anchor: Jamie Fraser. They have crossed oceans and centuries to build a life together in North Carolina. But tensions, both ancient and recent, threaten members of their clan.

Zum Hörbuch:

Man hatte mich gewarnt: Buch 5 der „Outlander“-Reihe gilt selbst unter eingefleischten Fans als Tiefpunkt. Mit über 1.400 Seiten oder 55 Hörstunden ist es dazu auch noch das längste Buch der „Highland-Saga“ und zieht sich ins schier Endlose. Einen Plot muss man suchen wie die Nadel im Heuhaufen. Stattdessen erstickt man in ellenlangen Beschreibungen mit viel zu vielen Details, die sich auch noch wiederholen. Und Claire und Jamie kommen in vielen, vielen Passagen des Buches gar nicht vor. Eine Herausforderung.

Wo war eigentlich die Lektorin?

Das fragt man sich beim Lesen ziemlich schnell. Das Buch beginnt nämlich mit dem gefühlt längsten Tag, den es jemals in einem Buch gab. Ein eigentlich spannender Anlass – ein feierliches Zusammentreffen der verschiedenen, in Amerika frisch angesiedelten Highlander-Clans – wird zu einem Gähnfest, gesprenkelt mit wenigen, hochgepushten Dramen. In meiner Erinnerung besteht die Zusammenkunft hauptsächlich aus seitenlangen Beschreibungen, wie Brianna ihr Baby stillt, wie besagtes Baby seine Windeln durchnässt und aus Roger’s zweifelnden inneren Monologen über seine Vaterschaft. Dazu eine Menge Namen, für die man eine Mindmap anlegen müsste und die man sich unmöglich alle merken kann.

Wo war eigentlich die Lektorin, als es ums Kürzen von Gabaldon’s Manuskript ging? Ins Koma gefallen? Oder wurde sie von der Autorin mit der Muskete im Anschlag gezwungen, den Text unberührt zu veröffentlichen? Scherz beiseite: ein mutiger Einsatz der delete-Taste hätte das ganze Buch besser gemacht.

Plot? Welcher Plot?

Ich weiß inzwischen um Gabldon’s Schreibtechnik: Sie verfasst einzelne Szenen und verknüpft sie dann miteinander. Das erklärt das Vignetten-Gefühl beim Lesen und die oft arg forcierten Verbindungen in der Geschichte sowie eine mühsam zusammengezimmerte Rahmenhandlung. Das ist bei allen Büchern so, in „Fiery Cross“ aber besonders deutlich. Ging es zu Beginn der Reihe immer wieder um die Frage, ob Claire und Jamie sich nach einer dramatischen Trennung wiedersehen und zusammenbleiben, muss diesmal ein irischer Bösewicht für Tamtam sorgen. Immer dann, wenn man beim Lesen einzuschlafen droht, wird er aus dem Hut gezogen und taucht wieder auf. Das ist zunächst nicht unspannend, wird aber immer haarsträubender und auch noch mit dem überbenutzten plot device der Vergewaltigung vermischt.

Davon abgesehen, lässt uns Gabaldon sehr, SEHR detailliert am Siedlerleben in North Carolina teilhaben. Szenen häuslichen Glücks zwischen den diversen Pärchen auf Fraser’s Ridge sind nett, werden aber auch langsam langweilig. Selbst Claire’s diverse Patienten mit ihren kleinen und großen Wehwehchen sind ein bisschen viel des Guten (ich muss wirklich nicht GANZ GENAU wissen, wie Hämorrhoiden im 18. Jahrhundert behandelt wurden). Und etliche Nebengeschichten von etlichen Nebenfiguren hätte man sich schlicht und einfach sparen können.

Das Herz rückt aus dem Zentrum

Neben den vielen Längen vielleicht das größte Problem: Claire und Jamie sind nicht mehr die alleinigen Hauptdarsteller. Zu Claire’s Ich-Erzählung kommen in ebenbürtigem Maße die (in personaler Erzählweise) geschriebenen Perspektiven von Brianna und Roger hinzu. Und die sind als Charaktere einfach nicht so fesselnd wie Claire und Jamie. Brianna neigt immer noch zu pubertären Temperatmentsausbrüchen, und Roger sieht trotz schöner Singstimme neben Jamie Fraser als Charakter einfach nur blass aus. Und – es tut mir leid – mit den Liebesszenen zwischen Bree und Roger kann Mrs. Gabaldon bei mir keinen Blumentopf gewinnen. Da knistert einfach gar nichts.

Das Herz der Reihe waren und sind ganz einfach Claire und Jamie. Und jemand sollte Diana Gabaldon mal sagen, dass diese zwei auch mit über fünfzig noch sehr gut in der Lage sind, die Leser vom Hocker zu reißen. Inzwischen zu einem vertrauten, verlässlichen und immer noch attraktiven Paar herangereift, sorgen die zwei – wenn Gabaldon sie lässt – nach wie vor für Feuerwerk (diese Szene auf der Treppe von River Run, heiliges Kanonenrohr!). Claire’s Kompetenz und medizinisches Wissen, Jamie’s smarte Führungspersönlichkeit und ihre Liebe auf Augenhöhe sind das, was „The Fiery Cross“ unterm Strich überhaupt noch lesbar machen. Für diese beiden sind wir hier. Und nur für diese beiden werde ich bleiben, klar?

Die Geschichte im Hintergrund

Klar. Vom historischen Aspekt her ist das immer noch interessant. Allerdings köchelt die Geschichte hier nur auf leiser Flamme im Hintergrund. Wir befinden uns in den ganz frühen Vorwehen des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, die sich im Aufbegehren kleiner Zellen gegen die englische Vorherrschaft zeigen. Die Frasers geraten zwischen die sich verschiebenden Fronten der Loyalität zur britischen Krone. Aber der große Knall ist noch weit entfernt, und Gabaldon lässt kleine Ansätze, ein bisschen Action in die Sache zu bringen, mehrfach einfach verpuffen. Das mag historisch akkurat sein, ist aber in Sachen Spannung ein Rohrkrepierer.

Warum ihr „Fiery Cross“ trotzdem durchlesen solltet

Dennoch: Es gibt Gründe, das Buch nicht frustriert an die Seite zu schleudern (das ist bei einem 1.400-Seiten-Wälzer auch nicht gut fürs Mobiliar). Einer davon ist ein dramatisches, von schweren Folgen geprägtes Ereignis in Roger’s Leben, das auch in den Folgebänden Thema bleibt. Ich will hier nicht spoilern, deshalb gehe ich nicht ins Detail, aber das geht einem schon an die Nieren.

Außerdem müssen wir auch diesmal um das Leben einer der beiden Hauptfiguren bangen, und das über mehrere Kapitel hinweg. Okay, so langsam wird es ein bisschen albern, wie Claire und/oder Jamie immer wieder in Todesgefahr geraten, aber es ist ein bewährtes Spannungsmittel und funktioniert auch hier. Bangend verfolgt man einige der anrührendsten Szenen im Buch überhaupt zwischen den beiden und kann sich über ein paar neue unsterbliche Jamie-Fraser-Zitate für die Sammlung freuen. *seufz*

Wer durchhält, darf sich gratulieren: So schlecht, wie „Fiery Cross“ ist, wird es nie wieder in der Reihe (zumindest in den bisher veröffentlichten acht Büchern). Danach – das finde ich zumindest – geht es wieder aufwärts. Durchhalten lohnt sich also.

Die Meisterin des „mphmphm“

Davina Porter, die auf die achtzig Jahre zugehende Sprecherin der Reihe, möchte ich inzwischen die Füße küssen. Ohne sie kann ich mir „Outlander“ gar nicht mehr vorstellen. Dabei steht sie inzwischen vor der Herausforderung, neben den erwachsenen Figuren aus aller Herren Länder auch noch eine ganze Horde verschiedener Kinderstimmen performen zu müssen. Und das macht sie großartig! Da die Frasers inzwischen auch ein reiferes Alter erreicht haben, passt Porter’s Stimme immer besser auf die Hauptfiguren. Für Jamie’s ständig auftauchendes, nuanciertes „scottish noise“ möchte ich ihr einen Preis verleihen: Porter ist die unangefochtene Meisterin des vielsagendsten „mphmphm“.

Fazit

„The Fiery Cross“ ist das schwächste Buch der gesamten „Outlander“-Reihe und verdient jede Menge Kritik. Für den so gut wie nicht vorhandenen Plot, für die völlige Überfrachtung mit unwichtigen, sich wiederholenden Details und Endlosbeschreibungen sollte man Diana Gabaldon ebenso die Ohren langziehen wie ihrer Lektorin. Und warum Galabdon damit beginnt, mit den Hauptfiguren der Geschichte – Claire und Jamie Fraser – das Herz der Reihe zugunster wesentlich weniger überzeugender Figuren aus dem Zentrum zu rücken, werde ich nie begreifen.

Der Vollständigkeit halber, aufgrund sonst fehlender Zusammenhänge und wegen des einschneidenden Erlebnisses eines Protagonisten sollte man „The Fiery Cross“ dennoch lesen. Davina Porter, die fantastische Sprecherin der englischen Hörbuch-Reihe, holt aus dem langatmigen Schinken zudem alles raus, was machbar ist und ringt ihm Unterhaltungswert ab.

Bewertung:

Hörbuch: 4 von 10 Punkten
Sprecherin: 10 von 10 Punkten

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