Rezension: ‚Unterm Lagerfeuer‘ von Nickolas Butler

Titel: Unterm Lagerfeuer
(Originaltitel: The Chainsaw Soiree)
Autor: Nickolas Butler
Format: gebundene Ausgabe
Sprache: Deutsch
(Originalsprache: Amerikanisch)
übersetzt von: Dorothee Merkel
Verlag: Klett-Cotta
erschienen: 22.11.2014
Länge: 320 Seiten

Die gebundene Ausgabe ist direkt bei Klett-Cotta erhältlich, bei buchhandel.de (unterstützt den lokalen Buchhandel) oder beim Buchhändler eures Vertrauens.

Geschichten aus dem Heartland der Vereinigten Staaten

Nickolas Butler wuchs im Herzen der USA auf, in Wisconsin. Was man allgemeinhin als den ‚mittleren Westen‘ bezeichnet, ist wohl die Region, in der die Amerikaner am amerikanischsten sind. Hier leben Menschen in der allmählich verloren gehenden Mittelschicht. Menschen, die arbeiten können, auch mit ihren Händen. Menschen, die mit dem Boden und ihrem Land verwurzelt und deren Erwartungen ans Leben einfach und klar sind.

Halt! Natürlich ist das ein Klischee. Aber eins, das einen sehr wahren Kern hat, und auf das Nickolas Butler in seiner Geschichtensammlung UNTERM LAGERFEUER ein Loblied singt. In ehrlicher Sprache ohne Verzierungen, aber von schlichter Schönheit, erzählen die zehn short stories von diesem herzhaften Menschenschlag und ihrer Heimat.

Aus dem gleichen Holz geschnitzt

Die Geschichten sind zwischen neun und vierundfünfzig Seiten lang und reichen von kauzig und witzig über wehmütig bis hin zu tragisch. Da ist die abenteuerliche Nacht zweier bester Freunde; der entführte Ölmagnat; eine Pilzsuche mit ungeahnten Konsequenzen; eine Kettensägen-Party im Wald; verbrannte Weihnachtsbäume auf einem zugefrorenen See…
Keine Geschichte bezieht sich auf die andere, und dennoch hängen sie alle zusammen, definiert von Butler’s karg-authentischem Schreibstil und den ebenso stinknormalen wie erinnerungswürdigen Menschen, von denen sie berichten.

Mal stimmt die Chemie nicht…

Wie in jeder Geschichtensammlung stimmt nicht in jeder Erzählung die Chemie zwischen Leser und Autor. Mal wendet sich das Geschehen auf unverständliche Weise. Mal bleiben die Akteure auf Distanz. Mal bleibt ein Ende zu offen. Die längste Geschichte, ‚Rohes Öl‘, ist vielleicht die schwierigste. Und es entsteht der Eindruck, das im mittleren Westen der tägliche Joint zum Alltag gehört.

…mal stimmt alles

Dafür gibt es aber auch Geschichten, die sich mitten ins Herz setzen. Über Männerfreundschaft kann Butler schreiben wie kaum jemand, und so gehören ‚Sven & Lily‘ als auch ‚Morcheln‘ zu den Juwelen der Kollektion. Wo Trauer und tapferes Weitermachen dazugehören, stimmen bei Butler die leisen Töne bis auf’s i-Tüpfelchen. Der weiche Kern unter der rauen Schale – da schimmert er durch.

Die Schönheit der Schlichtheit

Was gefällt, ist – wie so oft – Geschmackssache. Will man diese Sammlung aber genießen, muss man vor allem Butler’s Stil mögen. Sätze, die so einfach gezimmert sind wie ein schlichtes Möbelstück – unspektakulär, erdig, aber sie nageln den Leser mit ihrer Direktheit an die Wand. Was dem einen zu simpel klingt, erweckt im nächsten Ehrfurcht vor der Reduktion aufs Wesentliche.

Eine gute Messlatte: Wer – wie ich – SHOTGUN LOVESONGS, Butler’s Romandebut von 2013, gerne gelesen hat, wird sich auch mit UNTERM LAGERFEUER wohlfühlen. Dazu am besten ein Holzfällerhemd anziehen, ein Bier öffnen und ein Steak auf den Grill schmeißen. Runde Sache.

Bewertung: 8 von 10 Punkten

Ein herzliches Dankeschön an den Klett-Cotta Verlag für das Rezensionsexemplar!

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