„The Stranger“ von Saskia Sarginson

Titel: The Stranger – Wer bist du wirklich?
Autorin: Saskia Sarginson
aus dem Englischen von Sabine Schilasky
Format: eBook
Verlag: beTHRILLED by Bastei Entertainment
erschienen: 01.06.2018
Seitenzahl der Printausgabe: 325 Seiten

Inhalt:

Ellie betreibt ein Café in einem kleinen englischen Dorf und lebt dort mit ihrem Mann William auf einem Bauernhof. Bei einem Autounfall kommt William ums Leben, und Ellie’s Leben gerät aus dem Lot. Neben dem Verlust keimt der Verdacht auf, dass William Geheimnisse vor ihr hatte. Da taucht der verschwiegene rumänische Wanderarbeiter Luca im Dorf auf. Ellie heuert ihn als Hilfe an, doch zunehmend schlägt ihm Fremdenhass entgegen. Unterstützung findet Ellie auch bei David, einem ebenfalls verwitweten Großgrundbesitzer. Dann wird bei Ellie eingebrochen und weitere Ereignisse passieren, die das Dorf in Aufregung versetzen.

Ein Challenge-Zufalls-Fund

„The Stranger“ fiel mir durch die #NetGalleyDEChallenge in die Hände. Mir war nach etwas Britischem, und ich lebe als ehemalige Städterin selbst in einem Dorf, wo die Gerüchteküche schnell hochkocht, also passte das. Große Erwartungen hatte ich allerdings nicht. beTHRILLED ist ein Imprint von Bastei Lübbe, das ausschließlich eBooks veröffentlicht, in diesem Fall aus dem Krimi-Genre, und obwohl ich inzwischen eBooks genauso gerne lese wie Print, bin ich schon ein bisschen skeptisch, wenn ein Buch es nicht auch in den Druck schafft.

Aber ich lasse mich ja gerne vom Gegenteil überzeigen, also landet „The Stranger“ auf meinem Kindle. Das tut sich gar nicht schlecht an: ein mysteriöser, plötzlicher Todesfall bei Nacht, eine verstörte Hinterbliebene, und dann taucht ziemlich schnell (wenn auch nach einer etwas absurden Zirkusszene) der düster-wortkarge Luca bei Ellie auf. Eine Andeutung von Knistern liegt in der Luft. Ein zweiter Mann macht Ellie den Hof. Aha – ist das hier etwa romantic suspense? Wird es mehr um Ellie und die Männer gehen als um einen Krimiplot?

Krimi oder Romanze? Oder beides?

Nein. Es bleibt ein Krimi. Einer von der gemächlichen Sorte, wo in einem Dorf im Verlauf hinter der hübschen Landlust-Fassade ziemlicher Dreck ans Licht kommt. Dabei überrascht mich Saskia Sarginson (im übrigen gebürtige Engländerin trotz des skandinavischen Namens), weil sie das sehr aktuelle Thema Migration und Fremdenhass mit einwebt. Die Bigotterie der Dorfbewohner, die einerseits Spendenaktionen für Flüchtlinge auf den Weg bringen und andererseits den örtlichen Wanderarbeitern nur mit Verdächtigungen und Misstrauen begegnen, ist einer der traurigsten und auch realistischsten Züge der Geschichte.

Die Krimihandlung als solche ist solide, allerdings wird schon früh klar, wer sich später als Bösewicht entpuppen wird und wer als eigentlicher Held. Ein paar Wendungen sind leicht durchschaubar, andere nicht ganz so sehr. Das ein oder andere – wie z.B. Ellie’s traumatische Vergangenheit und ihre Eltern – wirkt überkonstruiert. Man sieht vieles kommen. Bleibt nur die Frage nach dem Warum und wie genau zu beantworten, und das tut Sarginson.

Es holpert hier und da

Einen Touch von romantischer Spannung behält das Ganze trotzdem. Lucas düstere Anziehungskraft und David’s großzügiges Werben führen zu einer typischen, zwischen zwei Kerlen hin-und hergerissenen Hauptfigur. Das ist ein bisschen sexy, manchmal ein bisschen nervig, bringt vor allem aber die größte Schwäche von „The Stranger“ ans Licht: Ellie. Sie ist als Hauptfigur zwar grundsätzlich sympathisch, verhält sich aber gerade in Bezug auf die beiden Männer mit ihren über vierzig Jahren immer wieder naiv, unstet, einfach nicht altersgemäß. In ihrer Ehe war angeblich sie die realistische, pragmatische Hälfte. Luca und David gegenüber wirkt sie abwechselnd hilflos, gutgläubig, unüberlegt, mal zu leichtgläubig, mal zu paranoid. Als Figur ist Ellie nicht schlüssig geschrieben, handelt zu gegensätzlich. Man mag sie, kriegt zwischendurch aber immer mal die Krise mit ihr.

Was den Schreibstil angeht, ist „The Stranger“ nicht anspruchsvoll und wirkt manchmal ein bisschen unrund. Hier wird eine Szene zu genau beschrieben, an anderer Stelle hüpft die Autorin zu schnell durch den Augenblick. Wie die Hauptfigur, haftet dem ganzen Buch ein leicht unrundes Gefühl an. Trotzdem lässt es sich leicht und schnell lesen. Die kurzen Kapitel halten einen am Ball. Es gibt genug Wendungen, Figuren und Spannungsmomente, um mit diesem eBook einen freien Tag oder ein Wochenende gut rumzubringen, ohne dass es einem den Schlaf raubt.

Fazit:

Ein Dorfkrimi mit leicht düsterem Romantik-Anteil, der mit den Hintergrundthemen Migration und Fremdenhass überrascht. Der Krimiplot ist ganz ordentlich, für Genre-Geübte allerdings durchschaubar. Der Romantik-Anteil nimmt nicht überhand, sorgt für ein paar knisternde Momente, allerdings auch für das Zutagetreten von Schwächen in der Figurenzeichnung. Die Hauptfigur ist inkonsistent, einiges ist überzeichnet. Stilistisch manchmal ein bisschen holprig, ist dieser Krimi dennoch unterhaltsam, besser als erwartet und alles in allem gut für einen faulen Lesetag auf dem Sofa.

Danke an netgalley.de und beTHRILLED für das Rezensionsexemplar!

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