Titel: Macbeth
Autor: Jo Nesbo
Format: Hörbuch
Sprache: Schottisches Englisch
Sprecher: Derek Riddell
Verlag: Random House Audiobooks
erschienen: 05.04.2018
Länge: 17:05 Std., ungekürzt
Das Hörbuch ist als Download bei audible.de erhältlich, und zwar HIER. Es kostet im Flexi-Abo € 9,95 (regulärer Preis € 24,95). Eine Hörprobe findet ihr ebenfalls auf der Produktseite von Audible.
Inhaltsangabe (audible):
He’s the best cop they’ve got.
When a drug bust turns into a bloodbath, it’s up to Inspector Macbeth and his team to clean up the mess.
He’s also an ex-drug addict with a troubled past.
He’s rewarded for his success. Power. Money. Respect. They’re all within reach.
But a man like him won’t get to the top.
Plagued by hallucinations and paranoia, Macbeth starts to unravel. He’s convinced he won’t get what is rightfully his.
Unless he kills for it.
Zum Hörbuch:
Zwei Dinge vorweg:
1. „Macbeth“ ist mein Lieblingsstück von Shakespeare, und ich kann den berühmten „Tomorrow…“-Monolog auswendig deklamieren.
2. Ich habe zuvor noch nie etwas von Jo Nesbo gelesen
Die Kombination daraus bedeutet, dass ich die Adaption des Theaterstücks zwar gut beurteilen aber keinen Vergleich dazu ziehen kann, wie Jo Nesbo sonst schreibt. Andererseits tappe ich dadurch aber auch nicht in die Falle, die sich vielen von euch stellen wird: der Vergleich mit Nesbo’s berühmter „Harry Hole“-Reihe.
Macbeth, aber mit Kevlar
Was ich allerdings erwarte, ist Düsternis, und yo, die liefert Nesbo in seinem Beitrag zum Hogarth Shakespeare Project. (Für das Projekt nehmen sich neben Nesbo etliche weitere Bestseller-Autoren Shakespeare’s bekannteste Stücke vor und adaptieren sie für die Moderne. Hier könnt ihr mehr dazu erfahren.) Es ist nicht die von böser Hexenmagie getränkte, unheilvolle Burgmauern-Düsternis des Originals, sondern eine moderne Version: dieser „Macbeth“ spielt in einer heruntergekommenen schottischen Industriestadt, die von einem Drogenkartell und bestechlichen, karrieregeilen Politikern und Gesetzeshütern beherrscht wird.
Einer von ihnen ist Macbeth selbst, Anführer des SWAT-Teams, tätowiert und mit vernarbten Unterarmen, die er einer vergangenen Drogenabhängigkeit zu verdanken hat. Ihn hat Nesbo eindrucksvoll ins Jetzt transportiert, als von persönlichen Dämonen verfolgten Action-Hero, der den Verführungen der Macht erliegt. Mit seinen Kollegen, Polizeichef Duncan, Banquo, Duff und Malcolm, feilscht Macbeth um den Posten als nächster Polizeichef. An seiner Seite: Lady, ehemalige Bordellbesitzerin, die jetzt das örtliche Casino „Inverness“ leitet.
Alte Geschichte, transformierte Figuren
Wer die Orginalstory kennt, weiß, wie es weitergeht, denn Jo Nesbo weicht nicht vom grundsätzlichen Plot ab. Er nimmt lediglich die Figuren, versetzt sie ins moderne Setting eines von politischen Intrigen durchsetzten Polizeiapparates und verpasst ihnen hier und da einen coolen Spinn. So wird aus dem norwegischen König Sweno der Anführer einer Bikergang, und Oberhexe Hecate verwandelt sich in den männlichen Anführer des Drogenkartells. Fürst Caithness ist eine weibliche Polizistin, die mit dem verheirateten Kollegen (Mac)Duff eine Affaire hat. Wer das Stück und die Figuren kennt, aber kein halsstarrer Purist ist, dürfte an diesen Veränderungen seine Freude haben.
Macbeth im Drogenrausch
Als Auslöser für die fatalen Entwicklungen sorgt hier wie damals der krankhafte Ehrgeiz. Einmal mehr ist es Lady Macbeth, die im Hintergrund ihren Mann zum fatalen Mord treibt. Und wieder hat Macbeth eigentlich Gutes im Sinn mit seiner bösen Tat. Wo ihn und seine Lady bei Shakespeare die Schuld und die Prophezeiung der Hexen in den blutigen Wahnsinn treiben, kommen bei Nesbo zusätzlich Drogen ins Spiel. „Brew“ und „Power“ heißt das Zeug, dem Macbeth abermals verfällt, und damit lassen sich die Halluzinationen und Macbeth’s Abstieg in den Wahnsinn natürlich auch im 21. Jahrhundert erklären. Ob der Drogenfaktor nötig war? Nicht wirklich, es wäre auch ohne gegangen, aber er bietet einen Morast aus Verbrechen und eine weitere dunkle Verführung für Macbeth.
Shakespeare meets Tarantino
Aus den Schwertkämpfen und Schlachten des Stückes werden cineastische Shoot-Outs, Verfolgungsjagden im Auto und auf dem Motorrad sowie kugelhagelnde SWAT-Team-Einsätze. Das sind dann auch die fesselndsten Passagen, die sich anfühlen wie eine Mischung aus Noir-Thriller und Tarantino-Film. Wenn Macbeth und Duff im schlingernden Van mit der Pumpgun hantieren oder Banquo im prasselnden Regen dramatisch sein Leben aushaucht, fühlt man sich in eine Gangsterballade in Schwarz, Weiß und Blutrot versetzt. Plastisch und von Nesbo schaurig-schön geschrieben, ist das sehr cool und manchmal von Gänsehaut überzogen.
Durststrecken und eine Lady unter Wert
Nicht so packend und sogar von Längen geprägt ist das intrigante Hickhack um die Frage, wer warum und wie in der Polizei-Hierarchie wohin möchte, gehört oder sich dorthin betrügt. Viele, viele Dialoge um eigentlich immer dieselben Ambitionen verwischen und ziehen sich. Auch nicht so ganz funktioniert ausgerechnet die fatale Liebesgeschichte zwischen Macbeth und Lady. Zunächst faszinierend, gar erotisch knisternd, malt Nesbo dieser Lady eine unverzeihliche Vergangenheit ans Bein, und leider lässt der Autor die eigentlich so starke Figur – wie schon im Original – recht blass aus der Geschichte scheiden. Da hätte man doch ein bisschen nachbessern können!
Something wicked this way comes… oder nicht?
Zudem wartet man ständig auf das Fallen der berühmtesten Originalsätze. Die muss man allerdings, abgewandelt und sehr versteckt, selbst als Fan des Stückes mit der Lupe suchen. Schade. Einige davon hätte Nesbo eigentlich im Wortlaut gut unterbringen können.
Der Sprecher: Schön schottisch, aber unisono
Die Adaption des „Scottish Play“ sollte von einem Schotten vorgetragen werden, und so ist es hier auch. Derek Riddell ist deutlich hörbar ein solcher, auch wenn er eine zivile und gut verständliche, abgemilderte Variante spricht. Atmosphärisch stimmt das, und er besitzt auch eine leise Dramatik, die in den düster-poetischen Szenen gut zur Geltung kommt. Leider differenziert Riddell aber kaum zwischen den Figuren. Vor allem die Männer hören sich alle sehr ähnlich an, und davon gibt es einige – man muss also sehr gut aufpassen, um in den vielen Dialogen auseinanderzuhalten, wer jetzt mit wem spricht und aus wessen Perspektive gerade erzählt wird. Zähneknirschend vermute ich, dass die Printversion hier einfacher zu verfolgen ist und bin gespannt, ob das deutsche Hörbuch mit Wolfram Koch (erscheint 27.8.2018 ) das besser machen wird.
Fazit:
Ein nicht ganz gelungener Versuch des norwegischen Krimi-Autors Jo Nesbo, für das Hogarth Shakespeare Project „Macbeth“ als moderne Noir-Version zu schreiben. Die Mischung ist nicht stimmig, aber teils sehr starke Figuren und blutig-poetische Passagen sowie packende Action machen das Buch bzw. Hörbuch lohnenswert. Vor allem Macbeth, Banquo, Duff und Fleance legen ein paar denkwürdige Szenen hin, die ein von saftigen Moll-Akkorden dominiertes Gitarrenstück wert wären. Ein klare Empfehlung für Shakespeare-Fans, die ein Faible für Adaptionen haben. Ob reine Jo Nesbo-Leser ohne Vorwissen zu „Macbeth“ das Buch als Thriller mögen werden, wage ich zu bezweifeln, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
PS: Auf Deutsch – in Print (Penguin Verlag) und zum Hören (der Hörverlag) – gibt es „Macbeth – Blut wird mit Blut bezahlt“ ab dem 27.8.2018
Ich bin schon sehr auf das Hörbuch in deutsch gespannt,wenn es im August bei audible erscheint. Habe es mir schon auf meinen Merkzettel gepackt. Von Shakespeares Macbeth habe ich überhaupt keine Ahnung. Und so gehe ich ganz unbefangen an das Buch ran.
…und auf diese „unbefangene“ Perspektive bin ich gespannt. Ich bin derartig Macbeth-vorbelastet, dass ich das Hörbuch kaum aus neutralen Thrilleraugen betrachten konnte. Hast du denn schon etwas von Nesbø gelesen? Oder auch noch nicht?
Ja ich bin schon Harry Hole vorbelastet. Werde auf alle Fälle dann auf Goodreads mein Fazit dazu veröffentlich.
Super! Na, dann brauchen wir jetzt nur noch jemanden, der weder Macbeth noch Jo Nesbo kennt. :D
Genau! Grins….