Rezension: ‚Der Seelenbrecher‘ von Sebastian Fitzek und Johanna Steiner

der seelenbrecherTitel: ‚Der Seelenbrecher‘

Autoren: Sebastian Fitzek, Johanna Steiner

Format: Hörspiel

Sprache: Deutsch

Sprecher: Simon Jäger, Richard Barenberg, Rainer Fritzsche, Andrea Aust u.a.

Anbieter: Audible GmbH

Erscheinungsdatum: 30. Januar 2014

Länge: 5 Std 34 min (ungekürzt)

Das Hörspiel ist als Download bei audible.de erhältlich, und zwar HIER. Es kostet im Flexi-Abo nur € 9,95 (regulärer Preis € 20,95).

Beschreibung (audible):

Sie wurden nicht vergewaltigt. Nicht gefoltert. Nicht getötet. Ihnen geschah viel Schlimmeres… Drei Frauen verschwinden spurlos. Nur eine Woche in den Fängen des Psychopathen, den die Presse den „Seelenbrecher“ nennt, genügt: Als die Frauen wieder auftauchen, sind sie psychisch gebrochen – wie lebendig in ihrem Körper begraben. Kurz vor Weihnachten wird der Seelenbrecher wieder aktiv, ausgerechnet in einer psychiatrischen Luxusklinik. Ärzte und Patienten müssen entsetzt feststellen, dass man den Täter unerkannt eingeliefert hat, kurz bevor die Klinik durch einen Schneesturm völlig von der Außenwelt abgeschnitten wurde. In der Nacht des Grauens, die nun folgt, zeigt der Seelenbrecher, dass es kein Entkommen gibt.

Zum Hörspiel:

Ich dachte, ich hätte mehr zu diesem Hörspiel zu sagen. Und ich dachte, ich würde mich überschlagen von Lob. Aber wie das so ist mit Erwartungen – sie erweisen sich als zu hoch gesteckt. Oder sorgen, eben WEIL so hoch gesteckt, für eine kleine Enttäuschung.

Klar, Hörspiel-technisch ist Der Seelenbrecher 1a. Audible macht sowas nicht zum ersten Mal, hat hoch professionelle Geräuschemacher, Tontechniker, Komponisten und einen Pulk überzeugender Sprecher ins Boot geholt, und das hört man auch. Technisch gesehen gibt es von mir die volle Punktzahl.

Aber von der Geschichte an sich hatte ich mir mehr versprochen. Mehr Gänsehaut. Mehr Mitfiebern. Mehr Überraschung. Mehr Eintauchen. Einfach mehr.

Ins Detail werde ich hier auf keinen Fall gehen. Der Seelenbrecher ist eins von den Büchern, wo jedes Wort über die tatsächliche Handlung schon zu viel verraten würde. Ich bemühe mich, das nicht zu tun und euch den Spaß nicht zu verderben.

Vielleicht liegt es ja auch doch an der Hörspiel-Umsetzung, dass die Story vom ‚Seelenbrecher‘ mich nicht mitreißen kann. Dem Hörspiel liegt Fitzeks 2008 erschienener, gleichnamiger Roman zugrunde, von dem ich immer wieder höre, dass er zu Fitzeks besten Thrillern gehört. Ich habe ihn nicht gelesen. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass der Roman eben dieses ‚mehr‘ zu bieten hat, das mir im Hörspiel fehlt. Da ist mehr Platz für Erklärungen, für innere Monologe, für das Ausdehnen von Momenten und Dimensionen, sowohl was Handlung als auch Figuren betrifft. Vielleicht ist das Buch dem Hörspiel da überlegen? Spekulativ, könnte aber sein.

Immerhin hat das Hörspiel einen Erzähler, der eigentlich die Möglichkeit hat, erläuternd einzugreifen, und der uns auch Einblicke in das Innenleben der Hauptfigur (Caspar) liefert. Zu wenige, für mich. Ja, Caspar ist eine interessante Figur. Zunächst ist er durch seine Amnesie schön geheimnisvoll und bietet natürlich das Potential, selbst der Böse zu sein. Und Fitzek gibt ihm im weiteren Verlauf einen Background, der ihn zu einer ambivalenten Figur macht. Trotzdem vereint er aber gleich mehrere Klischees in sich, und ich empfinde ihn als sehr konstruiert.

Das ist ja überhaupt mein Problem mit Fitzek. Seine Geschichten sind wirklich spannend. Auch Der Seelenbrecher steckt voller Rasanz, Cliffhanger, Überraschungen und 180°-Drehungen. In seinen Thrillern habe ich dauernd den Eindruck, dass er sich selbst zu übertreffen versucht und von Wendung zu Wendung immer noch eins draufzusetzen versucht – bis das Ganze zu abstrakt wirkt, zu überkonstruiert. Zu inszeniert. Da wird die Geschichte deutlich fiktiv. Und verliert für mich so an Spannung, weil sie sich zu weit von der Realität entfernt und nicht mehr daran reiben kann.

Es ist auch fatal, dass man eben dieses Fitzek-Schema brennend erwartet. Man weiß ja von Anfang an, dass man alle paar Seiten die eigenen Theorien über Täterschaft und den Ausgang der Geschichte wieder über den Haufen werfen kann. Man glaubt Fitzek also gar nichts mehr, rechnet genau mit diesem Gefühl – und erwartet von ihm am Ende einen Flic-Flac mit dreifachem Salto auf dem Hochseil. Ohne Netz. Und wenn der dann nicht kommt…

Tja. Der Handlungsverlauf bietet mir genau die Überraschungen, die ich erwarte. Meine Skepsis gegenüber den eindeutig Verdächtigen dämpft meinen Enthusiasmus, und ich kann auch nicht richtig mitfühlen, weil etwas später ja mal wieder sowieso nichts so ist wie es scheint. Der Schluss des Seelenbrechers könnte es rausreißen, ist für mich aber nicht viel mehr als ein einfacher Salto. Ich zolle Fitzek Respekt für eine gelungene Überraschung, ja, aber der Atem stockt mir nicht, weil ich eben damit rechne, und ich warte sogar bis zur letzten Sekunde darauf, dass noch etwas mehr kommt.

Mit anderen Worten: Die Katze beißt sich selbst in den Schwanz.

Das hört sich jetzt alles sehr negativ an. Aber ich lege die Latte eben sehr hoch bei Herrn Fitzek und seinen Bestsellern. Ich erwarte Atemberaubendes – und bekomme stattdessen einen Thriller, der spannend und unterhaltsam und wendungsreich ist und über dem allgemeinen Durchschnitt liegt. Aber eben nicht mehr. So ist das mit Superlativen, die sich nicht erfüllen. Und so ist das mit mir und Herrn Fitzek, den alle lieben, während ich einfach immer etwas rumzumeckern habe. Wir passen einfach nicht gut zusammen.

Zu den Sprechern:

Hier kann ich nur Lob in höchsten Tönen aussprechen. Wie schon gesagt – in Sachen Hörspiel gehört Der Seelenbrecher in die Königsklasse. Vom berühmten Simon Jäger als Erzähler bis hin zu weniger bekannten Sprechern (wie z.B. Rainer Barenberg als Caspar) sind alle voll in ihren Rollen entbrannt und stimmlich passend. Andrea Aust würde ich gerne den 1. Preis in der Kategorie ‚Stöhnen‘ verleihen, und wer immer die Rolle des aphasischen Linus spricht, er tut dies mit herzergreifender Inbrunst.

Es ist auch den tollen Sprechern zu verdanken, dass beim Hören viel Spannung aufkommt und teils sogar – in Kombination mit Geräuschen und Musik – eine wirklich gruselige Atmosphäre.

Fazit:

Ich erwarte Großartiges und bekomme ’nur‘ einen guten Thriller nach dem klassischen Fitzek-Rezept: Spannung, Atmosphäre und unerwartete Wendungen. Die Figuren sind unterhaltsam, wenn sie auch leicht reißbrettartig wirken. Die Geschichte hat Dampf, ist aber zu stark konstruiert und zu überzogen inszeniert, um nahe zu gehen. Fitzek spannt einen schönen Bogen von der Rahmen- bis zur Kerngeschichte und wieder zurück. Die Schlusswendung ist kreativ, haut mich aber nicht vom Hocker.

Die Hörspiel-Umsetzung wird getragen von sehr guten Sprechern und einem hörbar professionellen Team, von der Tontechnik, über die Geräuschemacher bis hin zum Schnitt. Das macht Spaß.

Summa summarum: Unterhaltsam und über dem Durchschnitt in Sachen spannende Unterhaltung. Erwartet hatte ich allerdings noch einiges mehr.

Bewertung:

Geschichte: 6 von 10 Punkten

Sprecher: 10 von 10 Punkten

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