Rezension: ‚Das letzte Ritual‘ von Yrsa Sigurdardottir

Titel: ‚Das letzte Ritual‘

Autorin: Yrsa Sigurdardottir

Sprache: Deutsch (Originalsprache: Isländisch)

Format: Taschenbuch

Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag

Länge: 384 Seiten

 

Inhaltsangabe (amazon):

In der Universität von Reykjavík wird die Leiche eines jungen Deutschen gefunden. Der Geschichtsstudent war fasziniert von alten Hexenkulten, und sein Mörder hat ihm ein merkwürdiges Zeichen in die Haut geritzt. Aber die isländische Polizei glaubt an einen Drogendelikt und verhaftet einen Dealer. Die Eltern des Opfers misstrauen den Ermittlungen: Sie beauftragen die junge Anwältin Dóra Guðmundsdóttir, den Fall noch einmal aufzurollen. Und auf der Suche nach dem wahren Mörder findet Dóra über dunkle Rituale mehr heraus, als ihr lieb ist …

Zum Buch:

Nachdem mich Sigurdardottir’s GEISTERFJORD so sehr begeistert (und gegruselt) hatte, wollte ich mehr von ihr lesen. Es bot sich ihre schon seit Jahren etablierte Reihe um die Anwältin Dora an, deren erster Band hierzulande 2006 erschienen ist: DAS LETZTE RITUAL.

Das Auftaktbuch bietet uns zunächst einmal eine Leiche. An sich nichts Neues in diesem Genre, aber der Zustand des Toten zeigt uns gleich, dass wir es hier nicht mit einem ‚gewöhnlichen‘ Mord zu tun haben. Es geht um schwarze Magie, um Hexerei, um ein ‚letztes Ritual‘ von dunkler Bedeutung. Auch das war zu erwarten anhand Klappentext, Titel und Sigurdardottir’s offensichtlichem Interesse an übernatürlichen Themen.

Im Gegensatz zu der nervenzerfetzenden Gespenstergeschichte in GEISTERFJORD behält DAS LETZTE RITUAL bei aller Hexenkunst aber die Füße auf dem Boden. Es geht nicht um wandelnde Tote oder unerklärliche Ereignisse. Vielmehr ist Doras erster Fall eine historische Lehrstunde in Sachen isländische Hexenverfolgung. Wer sich ein bisschen mit dem Thema auskennt, der wird bei dem Begriff Malleus Maleficarum aufhorchen. Und es braucht gar keine Geister, um Grauen hervorzurufen: Die ganz realen Vorgänge in Europa um die Folter und Hinrichtung von ‚Hexen‘ bieten schon genug alptraumhaften Stoff.

DAS LETZTE RITUAL weidet sich allerdings nicht daran. Verglichen mit vielen modernen Thrillern ist der Ekel-Faktor eher gering. Es gibt auch keinen wahnsinnigen Serienkiller, sondern alles dreht sich um die Aufklärung des einen anfänglichen Mordes. Das führt zu einem vom Tempo her eher gemessenen Thriller, den ich daher auch eher im Krimi-Genre sehe. Und die Aufklärung des Falles, so düster die Umstände auch sind, ist relativ konventionell: Die Ermittler (in diesem Fall Dora und ihr deutscher Kollege Matthias) recherchieren ganz klassisch. Sie befragen Zeugen, Verdächtige, Familie und Freunde des Opfers, schlagen alles mögliche zum Thema Hexerei nach, besuchen aufschlussreiche Orte und graben Stück für Stück die Wahrheit frei.

Wer atemlose Rasanz erwartet und nichts für das Thema übrig hat, wird sich vielleicht langweilen. Wen das Thema ‚Hexenverfolgung‘ interessiert, und zwar ordentlich, mit etlichen Details und logisch verknüpft zu einem Fall verstrickt, der ist bei Dora gut aufgehoben. Eine durch und durch schlüssige Aufklärung gibt es jedenfalls. Alle Fäden laufen klug zusammen.

Außerdem gibt es ja noch die Charaktere. Allen voran ist natürlich Dora zu nennen. Grundsätzlich ist sie eine sympathische Figur: als handfeste, alleinerziehende Mutter, die nicht immer perfekt ist, lässt sie sich nicht unterkriegen. Soviel steht schnell fest. Ihre Fehler machen sie menschlich, und ihre Probleme mit dem Teenager-Sohn für die Mütter unter den Lesern zur Identifikationsfigur.

Eins hat es mir persönlich allerdings schwer gemacht, sie zu mögen: Vor allem im Zusammenspiel mit Matthias hat Dora eine sehr unverblümte Art, die mir nicht so gefällt. Ihre merkwürdige Direktheit kommt mir beim Lesen seltsam vor. Irgendwie unpassend. Fairerweise muss man sagen, dass Doras Pendant in diesem Band, Matthias, ihr in Sachen Unverblümtheit nicht nachsteht. So einige seiner Bemerkungen hätte ich als Beleidigung empfunden. Was es für mich auch schwer gemacht hat, die spätere Entwicklung der beiden nachzuvollziehen. Ob das gewollt ist oder einfach auch ein bisschen Sigurdardottirs Art, oder ob die Isländer vielleicht eine sehr direkte Art haben, kann ich nicht beurteilen. Mich hat das jedenfalls gestört und von der Geschichte etwas abgelenkt.

Meine Erwartungen an DAS LETZTE RITUAL wurden somit nur teilweise erfüllt. Aber naja. Dora ist mir sympathisch genug, um neugierig auf weitere ihrer Fälle zu sein. Man wird sich also wiedersehen.

Bewertung: 6/10

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