Titel: ‚The Fault In Our Stars‘
(‚Das Schicksal ist ein mieser Verräter‘, erscheint am 30.7.2012)
Autor: John Green
Sprache: Amerikanisch
Sprecherin: Kate Rudd
Medium: Hörbuch-Download von audible.de für € 9,95 im Flexi-Abo
Länge: 7 Std 14 min (ungekürzt)
“That’s the thing about pain…it demands to be felt.”
― John Green, The Fault In Our Stars
Inhaltsangabe (von papercuts1):
Hazel ist 16 Jahre alt und hat Krebs. Durch ein experimentelles Medikament ist sie dem Tod noch mal von der Schippe gesprungen, aber Heilung wird es für sie nicht geben. Wie viel Zeit ihr bleibt, kann niemand voraussagen. In einer Selbsthilfegruppe trifft sie den attraktiven, charmanten Augustus Waters. ‚Gus‘ hat durch Knochenkrebs zwar ein Bein verloren, ist inzwischen aber krebsfrei und fühlt sich zu Hazel hingezogen. Obwohl diese große Bedenken hat, lässt Augustus nicht locker, und die beiden beginnen eine Beziehung. Als sich Hazel’s Zustand verschlechtert, sorgt Augustus dafür, dass ihr größter Wunsch wahr wird: Gemeinsam fliegen die beiden nach Amsterdam, um den Schriftsteller von Hazel’s Lieblingsroman aufzusuchen. Das Buch hatte ein offenes Ende, und Hazel möchte so gerne wissen, wie es mit den Figuren der Geschichte weiterging…
Zum Buch:
THE FAULT IN OUR STARS, das als ‚Jugendbuch‘ eingestuft ist, hört sich verdächtig nach verheult-romantischem Klischee an, wenn man die Inhaltsangabe liest. Und tatsächlich sind Tränen vorprogrammiert. Kein Wunder, bei dem Thema. Aber was John Green aus der Grundstellation Teenager-Krebs-Liebe macht, ist nicht nur tief bewegend, sondern auch schonungslos realistisch und unerwartet witzig.
Gleich zu Beginn überrascht das (Hör)buch mit viel Humor, der durchaus nicht immer morbide ist. Durchweg in der ersten Person aus Hazel’s Sicht erzählt, erfahren wir, dass Krebs zwar ’scheiße‘ ist, Hazel und ihre Mitleidenden aber außerdem ganz normale Teenager sind. Auch wenn sie Glasaugen haben, Beinprothesen oder – wie in Hazel’s Fall – einen Sauerstofftank mit sich herumschleppen müssen: Da wird übereinander hergezogen, geknutscht, sich über die nervigen Eltern aufgeregt und vor Ballerspielen am Computer abgehangen. Selbst wenn das alles mit einem düsteren Unterton und letztendlich bedeutungsvoller vonstatten geht als bei gesunden Altersgenossen.
Man erwischt sich, wie man grinst und sogar lauthals lacht über Hazel’s augenrollende Kommentare und Augustus geistreiche Coolness. Auch Isaac, ein weiterer Junge aus der Selbsthilfegruppe, steuert trotz seines tragischen Schicksals so manche bizarr-komische Szene bei, die bei aller Bitterkeit schmunzeln lässt. Natürlich: Viel von diesem Humor hat damit zu tun, dass Hazel und ihre Freunde ihre Angst und Wut vor anderen zu überspielen versuchen. Aber genauso oft ist der augenzwinkernde Sarkasmus, den Green seinen jungen Charakteren auf den Leib schreibt, einfach eine sehr gesunde und unverblümte Art, ihr schwieriges Leben mit dem Krebs zu konfrontieren und, ja, ganz einfach zu leben.
Dazu gehört auch das Thema ‚Eltern‘. Wie alle Jugendlichen, ist Hazel von den ihren genervt. Ganz normales Gezicke geht da ab. Allerdings gibt es auch eine Gefühlsebene, die eben nicht ’normal‘ ist. Vor lauter Besorgtheit um ihr schwer krankes Kind sind Hazel’s Eltern ständig hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, ihre Tochter dauernd zubeschützen und in ihrer Nähe zu sein, aber ebenso bemüht, sie das Leben eines normalen Teenagers führen zu lassen. Ein Konflikt, der für alle Beteiligten schwierig ist.
Noch schwerer wiegt Hazel’s Einsicht in die Qualen, die ihre Eltern aufgrund ihrer Krankheit durchmachen. Schuldgefühle stellen sich bei Hazel ein, und der Wunsch, ihre Eltern zu schützen – umgekehrte Rollenverhältnisse, die dann doch klar machen, dass Hazel eben kein normaler, selbstsüchtiger Teenager ist.
Die Gewissheit, nicht mehr sehr lange zu leben, sorgt auch für große Schwierigkeiten in Hazel’s Beziehung zu Augustus. Er hat den Krebs hinter sich, aber sie wird irgendwann daran sterben. Warum, fragt sich Hazel, sollte er sich das antun? Warum soll sie zulassen, dass er sich das antut? Die beiden gehen einen wichtigen Weg miteinander. Eine zarte, durch die Umstände sehr reif erscheinende Liebe ist es, die sich zwischen Hazel und Augustus entwickelt. Die beiden sind zwei äußerst charmante, kluge und interessante Charaktere. Man kann gar nicht anders, als sich ihnen nahe zu fühlen – was natürlich dazu führt, dass man sich in den schmerzvollsten Momenten des Buches auch nicht mehr distanzieren kann und ein heulendes Häufchen Elend wird. Schonungslos schildert Green durch Hazel’s Augen, was der Krebs mit dem Körper eines jungen Menschen anrichtet, und welchen Schmerz das Zusehen-müssen bei den Angehörigen verursacht. Trotzdem: auch unter diesen Umständen findet Leben statt – und Liebe.
Green verankert Hazel’s Geschichte außerdem an deren Lieblingsbuch, An Imperial Affliction, das große Parallelen zu ihrem eigenen Leben aufweist, und das sie immer wieder liest. Das Buch, und der Besuch beim Autor in Amsterdam nehmen viel Raum ein in der Geschichte, und ein bisschen hat mich das manchmal gestört. Die Reise nach Amsterdam kam mir wie ein kleiner Bruch vor, auch wenn ich nicht genau sagen kann, wieso. Der Besuch im Anne Frank-Haus war berührend, wirkte aber eingefügt und außerhalb des Kontextes. Auch ist der Schriftsteller Van Houten ein äußerst unsympathischer Charakter, dessen Handlungen nicht wirklich nachvollziehbar sind bis zum Schluss, an dem dann doch noch ein paar Dinge erklärt werden. Für mich war die ganze Aufregung um ‚AIA‘ ein bisschen nervig, auch wenn ich Green’s (und Hazel’s) Beweggründe und die Parallelen zueinander letztlich verstehe.
Das Ende des Buches ist erstaunlich erwachsen. Überhaupt schafft THE FAULT IN OUR STARS in beeindruckender Weise den Spagat zwischen Jugend- und Erwachsenenbuch. Sowohl vom Stil als auch von der Thematik her hat das Buch eine Tiefe, die nie kitschig, sondern immer ehrlich und berührend ist. Da ist von der üblichen Oberflächlichkeit des Genres nichts zu spüren. John Green selbst betont in Interviews zwar immer, dass das Buch nicht für Erwachsene geschrieben wurde (weil die ihn nicht interessieren), sondern für Teenager, aber das heißt noch lange nicht, dass nicht auch Erwachsene von diesem Buch fasziniert und bewegt sein werden.
Fazit:
THE FAULT IN OUR STARS erzählt mit viel Humor und Reife die Liebesgeschichte zwischen zwei Jugendlichen vor dem Hintergrund ihrer Krebserkrankung. Das geschieht mit viel Sarkasmus, mit viel Witz und grundehrlichem Gefühl. Die Krankheit und ihre Folgen werden in keiner Weise irgendwie beschönigt. Krebs ist grausam, und nichts anderes erlebt der Leser/Hörer hautnah mit. Er erlebt aber auch, wie tapfer zwei junge Menschen in dieser Situation ihren Weg gehen. Das tun sie wie ganz normale Teenager, aber letztendlich und gezwungenermaßen mit einer Reife und Offenheit, die sie zu etwas Besonderem macht.
Ein Buch, das erst zum Lachen bringt und dann – man ahnt es natürlich – sehr, sehr weh tut. Ein ehrliches Buch, das Hoffnung macht, Hoffnung zerstört und letztendlich eine einfache Botschaft parat hält: Diese Jugendlichen haben Krebs, und sie müssen sich mit viel schwerwiegenderen Themen auseinandersetzen als so mancher Erwachsene. Aber sie leben ihr Leben und möchten behandelt werden wie alle anderen auch.
In den USA steht THE FAULT IN OUR STARS seit mehreren Wochen auf Platz 1 der New York Times Bestseller Liste. Auch das ein Indiz für seine Qualität. Man kann nur hoffen, dass das (Hör)buch auch bald auf deutsch erscheint!
Zur Sprecherin:
Kate Rudd ist eine wunderbare Wahl für die Audio-Version von THE FAULT IN OUR STARS. Sie hat eine helle Stimme, der man die Sechzehnjährige abkauft, aber genau die zusätzliche Dimension von Reife, die aus der Geschichte heraus klingt. Wie Rudd die Dialoge zwischen den Teens oder Hazel und ihren Eltern abliefert, ist teils zum Brüllen komisch. Der lakonische, leicht schnoddrige Tonfall passt absolut zu Hazel, genauso wie ihre Unsicherheit, die Rudd immer wieder durchscheinen lässt. Auch den anderen Figuren drückt Rudd ihren Stempel auf: da ist der leicht knatschige Isaac, Hazel’s besorgte, sanfte Eltern, und natürlich Augustus, dessen ernstes ‚Hazel Grace‘ zu Beginn jedes Gesprächs mit seiner Freundin zu einem geliebten Markenzeichen wird.
Rudd gelingt eine rundum stimmige Umsetzung der Ich-Erzählung. Wir folgen Hazel’s Gedankenwelt, sitzen in ihrem Kopf, mitten in ihren Emotionen, und kaufen Rudd das alles sofort ab. Klasse gemacht!
Bewertung: 9/10
John Green ist sehr aktiv im Internet. Seine website ist johngreenbooks.com, auf Twitter ‚zwitschert‘ er unter @realjohngreen, auf Facebook ist er zu finden unter http://www.facebook.com/realjohngreen, und auf Tumblr unter http://fishingboatproceeds.tumblr.com/
Danke für diese schöne Vorstellung, auch wenn ich kein Fan von Hörbüchern bin, machen deine Eindrücke sofort Lust darauf, es anzuhören. Ich kann es kaum noch abwarten, bis die Übersetzung am 30. Juli erscheinen wird! :-)
Danke! Ich bin wirklich sehr gespannt, ob das Buch auch in Deutschland so ein Renner wird wie in den USA. Ich hoffe es jedenfalls, denn die Geschichte und John Green haben es verdient. Und ich bin neugierig auf deine Rezension!
Ach, ich realisiere auch jetzt erst, dass ich vor Jaaaahren, ja tatsächlich schon mal etwas von John Green gelesen habe. An „Looking for Alaska“ habe ich viele positive Erinnerungen …
‚Looking for Alaska‘ kenne ich wiederum nicht. Muss ich wohl noch nachholen! Hat es dir damals gefallen?
Ja, ein wirklich tolles Jugendbuch. Es hat mich damals sehr berührt und wirklich nachdenklich zurückgelassen. Ich kann es dir nur empfehlen!
Das kommt dann auf meine Leseliste! John Green scheint alles andere als eine Eintagsfliege zu sein. Ist mir dazu in seinen Videos/Tweets auch noch hoch sympathisch. Ein kluger Typ.
Es gehen übrigens Gerüchte um, dass THE FAULT IN OUR STARS verfilmt wird. Also unbedingt vorher lesen!