Titel: Twenty Years After
dt. Titel: Zwanzig Jahre später
Autor: Alexandre Dumas
Sprache: Englisch (Originalsprache: Französisch)
Format: eBook, Kindle
Verlag: Oxford University Press
erschienen: Neuauflage von 2009
Länge der Taschenbuchausgabe: 880 Seiten
Musketiere, die zweite. Nach dem degenschwingenden Abenteuer mit Femme Fatale Intrige in „Die drei Musketiere“ schlägt „Zwanzig Jahre später“, der zweite Teil der Musketier-Romane, einen ganz anderen Ton an: Unser Kleeblatt ist politisch gespalten, zunächst in alle vier Winder zerstreut, und vor allem der einst so leidenschaftliche d’Artagnan ist zu Beginn ein Schatten seiner selbst. Während seine drei Freunde auf unterschiedliche Art damit beschäftigt sind, mit den mittleren Jahren klarzukommen (sie sind alle in den späten Vierzigern), schiebt nur noch der Gascogner Dienst nach Vorschrift in der Pariser Garnison und wartet vergeblich auf eine Beförderung.
Aber eine Mission führt dazu, dass er seine Kumpel wieder zusammentrommeln muss (jeder mit den jeweiligen Bediensteten im Schlepptau, die erfreulicherweise inzwischen menschlich behandelt werden), und das alte Feuer kehrt in d’Artagnan’s Herz zurück. Im Laufe des Romans entwickelt er sich zum brillianten Strategen und verdient sich mit Mut, Intelligenz und Leadership-Qualitäten seine Beförderung zum Kapitän des Regiments.
Es wird politischer in diesem Buch: Ein neuer Kardinal verfolgt neue eigene Interessen; der König ist zu jung zum Regieren und die Königin lässt sich verblenden. Außerdem liegt Frankreich mit England im Clinch. Genau diese unklaren Verhältnisse sorgen bei unseren Jungs für Spannungen in ihrer legendären Freundschaft. Außerdem möchte Porthos gerne einen weiteren Adelstitel, Aramis sein Doppelleben als Mann Gottes und Frauenschwarm weiterführen, und Athos hat einen Sohn groß zu ziehen (Komm schon, Athos, wir wissen alle, dass Raoul nicht dein Mündel sondern das Ergebnis eines heißen One-Night-Stands ist! Uns machst du nichts vor!).
Aber d’Artagnan kriegt sie rum, mit unterschiedlichen Versprechen und dem Hervorkramen des „Alle für einen, einer für alle“ Spruchs der Inséparables. Also geht es los, von Frankreich nach England und wieder zurück, und Dumas verwebt auf beeindruckende Weise wahre Historie mit abenteuerlicher Fiktion. Das ist erstaunlich spannend! So wissen wir z.B., dass King Charles auf dem Schafott sterben wird, und dennoch birgt die knapp gescheiterte Rettungsmission derartige Spannung, dass nicht nur Athos sich hinterher ein bisschen hinlegen muss. Klasse gemacht!
Auch der Bösewicht dieses Romans ist nicht von schlechten Eltern (*hust*): Mordaunt ist ein abstoßender, rachsüchtiger Bösewicht, und der Showdown zwischen ihm und unseren Vier ist düster und spannend. (Wenn man mal davon absieht, dass unsere Jungs sich lieber bewegen sollten, anstatt melodramatisch rumzuheulen, aber das liegt wohl in der Natur der Sache. Solche Dramaqueens!)
Zugegeben: Die Passagen, die sich auf den Kardinal und seine Minions konzentrieren anstatt auf die Musketiere, ziehen sich. Natürlich sollte man das politische Schachspiel von damals interessant finden, aber ehrlich gesagt wird das ein bisschen langweilig. Wenn unsere Boyband allerdings wieder die Bühne betritt, fängt der Text an zu leuchten. So viel Herz, so viel Mut, so viel Gefühl! Es ist die Freundschaft zwischen diesen vier so unterschiedlichen Männern, die für den Pulsschlag in diesen Romanen sorgt. Und davon kann ich nicht genug kriegen!
Fazit:
Unterm Strich mit mehr Längen und mehr Politik als der erste Roman, aber aufgrund der weiter entwickelten Figuren und unterschiedlichen Loyalitäten tiefgründiger und interessanter. Bösewicht Mordaunt kommt nicht ganz an Milady de Winter heran, aber fast. Gleiches gilt für Mazarin im Vergleich zu Richelieu.
Das Salz in der Suppe sind wie immer unsere vier Unzertrennlichen: Athos, Porthos, Aramis und d’Artagnan. Und dass die sich hier erst wieder zusammenraufen müssen, macht das ganze ebenso unbequemer wie berührender. Außerdem: d’Artagnan! Was hat der sich gemausert! Mal schauen, wohin er die Truppe als nächstes führt. Auf ins nächste Abenteuer! *schwingt sich aufs Pferd und rückt den Waffengurt zurecht*
Liebe Ute,
wie schön, heute hier deine Besprechung zu finden. :) Deine Tweets zur Lektüre hatte ich immer so genossen und gemerkt, wie viel Spaß du mit den Musketieren hast.
Ich habe leider noch immer nicht den ersten Band gelesen, was auch daran liegt, dass ich mir bezüglich der besten Übersetzung (ungekürzt natürlich) bin. Aber dein Artikel macht nun so große Lust auf die die Vier, dass ich endlich tiefergehend zu den verschiedenen Übersetzungen recherchieren und mich entscheiden muss.
Liebe Grüße
Kathrin
Hallo Kathrin,
das Übersetzungsproblem verstehe ich gut. Ich hatte erst überlegt, das französische Original zu lesen, aber ich bin doch etwas zu sehr eingerostet, und das ist ja nicht gerade moderne Sprache. Ich habe jetzt das erste Buch auf Deutsch und das zweite auf Englisch gelesen, und ich muss sagen, dass es im Nachhinein keinen Unterschied gemacht hat. Der florale Charme, der Schalk und das Drama der Geschichte sind so stark, dass es glaube ich bei jeder halbwegs vernünftigen Übersetzung durchscheint.
Würde mich natürlich freuen, wenn meine Rezension dir den Stups zum Anfangen gibt!
Ich werde im neuen Jahr den nächsten Teil angehen – auf Englisch, da ein buddy read mit einer kanadischen Freundin. Ich freue mich jetzt schon darauf! 🤗
Wow, im französischen Original – das wäre wirklich nicht einfach. Ich hatte leider nie Französischunterricht und bedaure das manchmal, weil ich französische Literatur sehr mag.
Vielleicht muss Dumas hier auch auf Englisch einziehen – bei Hugo fand ich die Leseproben der englischen Übersetzungen tatsächlich immer besser als die deutschen Ausgaben, irgendwie klang es im Englischen oft harmonischer, melodischer und zeitloser als im Deutschen.
Wie viele Teile haben die Musketiere denn eigentlich? Ich war ja damals schon überrascht, dass es mehr als einen Band gibt.
Die Frage nach dem Teilen kann man auf verschiedene Art beurteilen, je nach Einteilung. Die ersten beiden Bände sind auf jeden Fall “Die drei Musketiere” und “Zwanzig Jahre später”. Dann kommt “Der Vicomte von Bragelonne: Zehn Jahre später”, und, den kann man entweder in in 3 Teile unterteilen (Der Vicomte von Bragelonne, Louise de la Vallière, Der Mann mit der eisernen Maske) oder in 4 (Der Vicomte, Zehn Jahre später, Louise de la Vallière, Der Mann in der eisernen Maske) oder gar in 5 (ohne einzelne Titel). Kommt einfach auf die Ausgabe an.
Ich war mit der engl. Oxford Classics Edition übrigens ganz zufrieden, auch wegen der vielen Fußnoten, die Historisches und Rückgriffe auf die vorigen Musketier-Romane erklären.
Stimmt, den Mann in der eisernen Maske hatte ich ganz vergessen…
Diese Aufstückelung ist für wenig gut vorbereitete Lesende aber ein wenig gemein. ;) Da werd ich im Vorfeld gut recherchieren, sobald die Suche nach den Ausgaben ernst wird.