Titel: ‚Outlaw‘
(dt. Titel: ‚Der Barde‘)
Autor: Angus Donald
Sprache: Englisch
Sprecher: Graham Padden
Format: Hörbuch-Download von audible.de für € 9,95 im Flexi-Abo (ohne Abo €19,95)
Länge: 13 Std 47 min (ungekürzt)
Inhaltsangabe:
England, Ende des 12. Jahrhunderts. Der junge Taschendieb Alan Dale wird beim Stehlen erwischt. Seine einzige Chance, vor den Häschern des Sheriff von Nottingham in Sicherheit zu sein, ist Robin Hood: Er schließt sich dessen Bande an, mit einem Schwur bis auf den Tod. Er lernt nicht nur, sein Talent als Barde auszubauen, sondern auch zu kämpfen und wird allmählich zu Robin Hood’s Vertrautem. Doch der Anführer der Gesetzlosen ist ein geheimnisvoller Mann, der ebenso ehrenhaft sein kann wie grausam und furchteinflößend.
Bald wird klar: In den Reihen der Gesetzlosen gibt es einen Verräter. Und eine Konfrontation mit der Armee des Sheriff von Nottingham scheint unausweichlich.
Zum Hörbuch:
Robin Hood. Wer hat ihn nicht schon als Kind geliebt? Edel, stark, schlau, attraktiv – nicht erst seit der Verfilmung mit Kevin Costner lässt dieser Kerl die Herzen höher schlagen. Ein echter Held, ein Klassiker. Es war Zeit, ihn mal wieder aufzusuchen. Zeit für eine waschechte Abenteuergeschichte. Und der Klappentext versprach einen etwas anderen Robin Hood – einen mit Ecken und Kanten.
Es ist eine düstere, gnadenlose Zeit, in die uns Donald mitnimmt. Die Menschen sterben wie die Fliegen an Krankheiten und Verletzungen oder einfach Hunger. Ein Leben ist nicht viel wert. Das hat nichts von der guten alten Robin Hood-Romantik, sondern wirkt sehr authentisch und realistisch. Atmosphärisch und in schöner, zeitgemäß altmodischer Sprache erweckt OUTLAW eine finstere Epoche zum Leben. Das ist stimmungsvoll, ehrlich, hautnah.
Die Geschichte lehrt uns einiges über die damalige Zeit und ist anscheinend gut recherchiert. Ob es um hochmittelalterliche Kampfmethoden, schamanische Heilkunst, die Sangeskunst der Barden oder die Kreuzritter geht – Donald bemüht sich um Auf- und Erklärung. Das ist interessant und prächtig gemacht. Besonders die Gegensätze christliche Kirche und keltisches Heidentum werden zu einem wichtigen Punkt in der Geschichte und prägen Robin’s Überzeugungen.
Robin selbst (oder ‚Robert‘, wie er eigentlich im Buch heißt), ist allerdings nicht der strahlende Held meiner Kindheit. OUTLAW präsentiert uns einen Kämpfer, dessen weiße Weste blutgetränkt ist. Robin Hood ist zwar tatsächlich der Held der Gesetzlosen und Armen, aber wer sich ihm entgegenstellt oder ihn gar betrügt, bezahlt einen hohen Preis. Da wird nicht lange gefackelt. Zungen werden abgeschnitten, Gliedmaßen abgehackt und Gefolgsleute des Sheriffs ohne Wimpernzucken abgeschlachtet. Mit einem leisen Schaudern begreift man: Stünde Robin auf der anderen Seite, wäre er ein kaltblütiger Killer.
Aber auch sanfte Seiten hat der Mann. Natürlich mit Marianne, seiner Geliebten. Aber auch, wenn er den verletzten Alan umsorgt und überraschend berührende Worte findet. Donald zeichnet eine sehr markante, vielschichtige Figur. Es ist schade, dass Robin im Buch streckenweise fast zur Nebenfigur gerät und von der Bildfläche verschwindet, als Alan’s Ausbildung in den Mittelpunkt rückt.
Zusammen mit Alan, aus dessen Perspektive rückblickend erzählt wird, lernt der Hörer viel über das England des 12. und 13. Jahrhunderst. Semi-historisch verpackt Angus Donald die Legende von ‚Robin Hood‘ in eine hautnahe Zeitreise in den Sherwood Forest. Dass der Autor am Schluß in einem ‚Anhang‘ über Fakten und Fiktion aufklärt, ist ein großer Pluspunkt des Buches. Mir zumindest war vorher nicht klar, was an Robin Hood nun wahr und was frei erfunden ist.
Die größte Schwäche des Buches entsteht aus dem offensichtlichen Bemühen, ein reichhaltiges historisches Portrait mit der Geschichte um Robin Hood zu verknüpfen. Die eigentliche Handlung gerät ob der vielen Nebengeschichten und historischen Lehrstunden oft ins Hintertreffen. Wir erfahren hier etwas über Alans Training zum Soldaten, da etwas über heidnische Rituale, noch etwas über eine ‚Kräuterhexe‘, einiges über hochmittelalterliche Kriegsführung und Ausführliches über das Bardentum… aber die eigentliche Story liegt währenddessen immer mal wieder auf Eis. Das wirkt dann wie ein sehr lebendiges zeitgenössisches Portrait. Aber die eigentliche Handlung geht darin öfters unter.
Weitgehend wett gemacht wird diese Schwäche am Ende durch eine grandiose Schlacht, die fast komplett die letzten beiden Stunden des Hörbuchs ausfüllt. Da geht es in die Vollen. Historisches Gemetzel vom Feinsten! Und auch die Fäden der Geschichte laufen letztendlich stimmig zusammen, sogar mit einer Öffnung für den zweiten Band der Serie, HOLY WARRIOR. War ich zwischendurch auch mal mit der driftenden Geschichte unzufrieden – spätestens am Ende hatten Alan, Robin und seine Jungs wieder meine volle Aufmerksamkeit.
Zum Sprecher:
Graham Padden spricht zweifelsohne ein hübsches, der historischen Geschichte angemessenes Englisch. Für Nicht-Muttersprachler ist er leicht zu verstehen, auch aufgrund des recht langsamen Erzähltempos und Padden’s deutlicher Ausprache. Er hat schöne Akkzente drauf – besonders Tuck gefällt mit seinem herzhaft rollenden Dialekt. Dem Sheriff von Nottingham verleiht Padden einen säuselnden französischen Akkzent, und Robin bekommt ein eindringliches Timbre, das genauso sanft wie stahlhart klingen kann.
Trotzdem kam mir Padden’s Vortragsart häufig merkwürdig distanziert vor. Ich kann es noch nicht einmal an irgendetwas festmachen. Der Text ist sehr lebendig, in den Kampfszenen brachial grafisch, und dennoch konnte mir Padden oft nicht das Gefühl vermitteln, unmittelbar daneben zu stehen. Da fehlt mir das letzte Quentchen Emotion und Involviertheit. Ein bisschen zu glatt vorgetragen vielleicht.
Unterm Strich kommt eine gute, angenehme Sprecherleistung heraus, der zur Bestnote das ‚gewisse Etwas‘ fehlt.
Fazit:
Historische Fakten und Figuren stimmig gemischt mit Fiktion. Angus Donald macht aus dem strahlenden Gutmenschen Robin Hood einen dunklen, komplexen Charakter, ohne ihn dadurch von seinem Heldenthron zu stoßen. Wer sich für historische Romane interessiert, die über die Zeit von Robin Hood auf unterhaltsame Art und Weise belehren, der wird sich für OUTLAW begeistern. Zimperlich darf man dabei nicht sein: Hier geht es tatsächlich zu wie im Mittelalter – gnadenlos und blutig.
Schwächen weist der Spannungsbogen der eigentlichen Abenteuergeschichte auf. Donald verliert sich etwas im zeitgenössischen Portrait, anstatt die Handlung weiter zu treiben. Allerdings gibt es ein wuchtiges Finale mit Schlachtengetümmel und einem runden Ende.
Dazu folgt im Anschluss an das Hörbuch noch eine ausführliche Anmerkung des Autors zum historischen Wahrheitsgehalt der Geschichte. Sehr hilfreich und ein Muss für solche Misch-Romane, die unterhalten und aufklären sollen, ohne falsche Fakten zu verbreiten.
Bewertung: 7/10
In der ‚The Outlaw Chronicles‘-Reihe sind bisher (Stand: 21.08.2012) erschienen:
1. Outlaw (‚Der Barde‘)
2. Holy Warrior (‚Der Kreuzfahrer‘)
3. King’s Man
4. Warlord
Beim Stöbern über dein Blog gestolpert und schon fündig geworden: Danke für diesen Tipp – Outlaw ist direkt auf meine Wunschliste gewandert (als ob die nicht sowieso schon lang genug wäre).
Viele Grüße, Thari
Hallo Thari!
Es freut mich sehr, dass du auf meinem Blog ein Hörbuch für dich entdeckt hast! Besonders, wo es sich um einen von meinen ‚Exoten‘ handelt – ein englisches Hörbuch, das zudem hierzulande nicht gerade auf den aktuellen Bestseller-Grabbeltischen ausliegt.
Ich bemühe mich immer, auch etwas abseits vom Mainstream zu lesen und das ein oder andere ‚Mauerblümchen‘ ans Tageslicht zu zerren. Wie schön, wenn sich dann weitere Hörer bzw. Leser für sie finden!
Die ‚Outlaw‘-Serie scheint hier nicht sonderlich bekannt zu sein, hat im englischsprachigen Raum aber offenbar genügend Fans, um sich als ganze Serie etabliert zu haben. Ich werde mir mit Sicherheit den nächsten Teil der Reihe auch noch anhören.
Wenn du ‚Outlaw‘ gehört (oder gelesen?) hast, freue ich mich auf deine Rezension auf deinem eigenen schönen Blog.
Gruß,
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